Warum Diversity-Recruiting nicht ausreicht, um dem Arbeitskräftemangel zu begegnen. Ein Kommentar von ID37-Mitgründerin Cornelia Kirschke, erschienen im Online-Magazin für wirtschaftspsychologische Themen, Wirtschaftspsychologie heute
Arbeitskräfte fehlen in nahezu allen Bereichen. Da scheint es eine gute Idee zu sein, neue Zielgruppen anzusprechen. Recruiterinnen und Recruiter suchen Personal zunehmend in Netzwerken, die auf Minderheiten spezialisiert sind. Sie rekrutieren beispielsweise in Jobportalen für Menschen mit Behinderung, auf Jobmessen der LGBTIQ+ Community, bei Initiativen für Silverworker oder für Geflüchtete.
Diversity-Recruiting hat zum Ziel, passende Kandidatinnen und Kandidaten mit unterschiedlicher Persönlichkeit, Hintergründen und Erfahrungen für das Unternehmen zu gewinnen. Dafür spricht, dass viele Studien einen Zusammenhang zwischen einer diversen Belegschaft und dem wirtschaftlichen Erfolg ausweisen. Auch deshalb ist es sinnvoll, Menschen zu adressieren, die nicht den gängigen Normen des Unternehmens entsprechen, wie etwa Autisten oder Menschen mit geringem Bildungsgrad und ihnen im Bewerbungsprozess eine faire Chance zu geben.
Doch so einfach ist es nicht. Hinter einem erfolgreichen Diversity-Recruiting steht eine chancengerechte Arbeitskultur, in der sich alle Menschen willkommen fühlen, wertgeschätzt werden und bleiben. Bevor ein Unternehmen mit Diversity-Recruiting beginnt, braucht es eine Arbeitskultur, die reif dafür ist – eine Kultur, in der die Mitarbeitenden für Unterschiede sensibilisiert werden und diverse Teams funktionieren, weil sie als bereichernd empfunden werden.
Was bedeuten Diversity, Equity & Inclusion, kurz DE&I, für ein Unternehmen? Was heißt es dafür zu sorgen, dass sich alle Menschen unabhängig von Alter, ethnischer Herkunft, Geschlecht, körperlichen und geistigen Fähigkeiten, Religion, sexuellen Orientierung oder sozialer Herkunft im Unternehmen zugehörig fühlen? Es bedeutet Zeit- und Kraftaufwand und ist eine zutiefst unternehmensspezifische Angelegenheit.
Unternehmen müssen die Stärken und Schwächen ihrer Organisation in Bezug auf Vielfalt kennen. So fehlt es beispielsweise in sehr homogenen Unternehmen oft an einem Bewusstsein für Diskriminierung. Oberflächlich scheint alle in Ordnung, aber wenn eine Trainee Vorschläge unterbreitet, wird sie nicht ernst genommen. Dabei bringen die Jungen häufig neues Wissen ein und schieben Themen an. Auch die Älteren haben ihre besonderen Seiten und sollten sie einbringen können. Das diverse Miteinander basiert auf Gegenseitigkeit.
Eine Führungsspitze, die das Unternehmen divers aufstellen möchte, muss sich entscheiden, welche Ziele sie mit DE&I verfolgt, eine dazu passende Strategie entwickeln und die strukturellen und kulturellen Veränderungsprozesse in die Wege leiten. Führungskräfte haben in diversen Arbeitskulturen mehr denn je eine Vorbildfunktion, müssen Chancengleichheit und Zugehörigkeit fördern, Diskriminierung vermeiden und dafür sorgen, dass alle Mitarbeitenden in ihrer Individualität zu den besten Lösungen kommen.
Schneller geht es, wenn KPIs definiert werden, Maßnahmen und ihre Wirkung regelmäßig gemessen und reflektiert und Fortschritte sichtbar gemacht werden. Das Prinzip der kontinuierlichen Verbesserung ist insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen, die keine personellen Kapazitäten für ein eigenes Diversity Management mitbringen, ein wirksamer Weg.
Diversität im Unternehmen ist kein Add-on, sondern ganzheitlich ins Unternehmen zu integrieren und daher kann auch Diversity-Recruiting nicht im Alleingang funktionieren. Alle Unternehmensbereiche und Prozesse des Employee LifeCycle sind auf die DE&I Strategie abzustimmen.
Es eilt! Viele Unternehmen haben die Vorteile einer vielfältigen, chancengleichen und inklusiven Arbeitskultur erkannt. Unternehmen mit echtem Diversity-Engagement tun gut daran, Diversity-Recruiting rechtzeitig auf die Agenda zu setzen, Beziehungen zu passenden diversen Talentpools zu knüpfen und die Kandidatinnen und Kandidaten davon zu überzeugen, dass sie es ernst meinen mit Diversity, Equity & Inclusion. Unternehmen, die dies können, haben gute Chancen, die Menschen für sich und ihr Unternehmen zu gewinnen.
Conclusio: Beim Diversity-Recruiting geht es nicht darum, eine Quote zu erfüllen oder Talenten zu beweisen, eine vielfältige Organisation zu sein. Es geht darum, als vielfaltsbewusstes und inklusives Unternehmen attraktiv zu sein, passende Talente anzuwerben und das zu halten, was im Einstellungs-Prozess versprochen wird. Dann ist Diversity-Recruiting erfolgreich und eine wirksame Maßnahme gegen den Arbeitskräftemangel.
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